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Miami, Florida, Intracoastal Waterway

Nach Key Biscayne folgte die Fahrt nach Miami rein. Hier mussten wir erstmals Brücken passieren, unter die wir gerade noch so durchpassten.

Andere werden halbstündlich geöffnet. Die Skyline von Miami ist beeindruckend, auch die vielen Kreuzfahrtschiffe, die hier kommen und gehen. Miami ist der grösste Kreuzfahrthafen der Welt. Das ganze Wasser hier ist sehr sehr seicht, so dass wir praktisch die ganze Zeit Fahrwassertonnen entlang fuhren. Vor Anker lagen wir mitten zwischen den künstlichen, von allerlei Celebrities bewohnten Inseln zwischen Miami und dem vorgelagerten Miami Beach. In der Gegend hat es einige Ankerfelder, die von zahlreichen ‚live aboards‘ bewohnt werden, auf denen aber auch viele eher verwahrloste Schiffe liegen, wobei sich die zwei oft decken. Wir sehen die ganze Zeit über nur ein einziges nicht-amerikanisches Boot (Holländer). Unsere Wahl fiel auf einen Ankerplatz nahe Miami Beach, da wir dorthin ein Paket von Amazon geordert hatten. Solche Sachen bestimmen manchmal unsere Route, so ist das nun mal.

Der erste Ausflug nach Miami Beach führte uns mitten in den Abschlussumzug der Miami Pride Week. Also viel Musik, viele Menschen, verkleidet, fröhlich, bunt.

Die Zeit bis dahin, also die paar zurückliegenden Tage, hatten wir damit verbracht, eine neue Rettungsinsel aufzutreiben, eine Firma, die uns das in Mexico in Einzelteilen gelieferte Vorstag zusammenbaut, einen Rigger, der uns vor der Atlantiküberquerung das Rigg korrekt spannt und evtl jemand, der uns eine neue Kuchenbude (das ist das rundum verschliessbare Zelt über dem Cockpit) näht. Vorstag und Rettungsinsel verbuchen wir unter Erfolgen (wobei – europäische – Rettungsinseln hier mehr als 1000 Euro teurer sind als in Europa). Aber wat mut, dat mut.
Näher sind auf Wochen und Monate ausgebucht, Rigger rufen nicht mal zurück oder beantworten emails. Seltsam, da hat keiner auf uns gewartet.
So haben wir mit den Fahrrädern einige Kilometer in Miami abgestrampelt, ein paar auch in Miami Beach. Dem liessen wir noch eine Stadtrundfahrt im Bus und Boot folgen. Unser Fazit: vom Stadtbild her spricht uns Miami überhaupt nicht an. Miami Beach ist etwas netter mit seinen anscheinend 1000 Art Déco-Häusern, aber umgehauen hat es uns nun wirklich nicht. Dass viele Stars hier Häuser besitzen ist ja nett, aber belebt wirkt von alldem rein gar nichts. Sehr gut gefallen hat uns hingegen das Rubell Museum.

Nach einigen Tagen drängt uns ein Wetterfenster zum Aufbruch. Wir wollen zwar den Intracoastal Waterway (ICW) – eine riesige, teils natürliche, teils künstliche Wasserstrasse, die von Texas bis hoch in den Norden der Küste entlang führt – eine zeitlang entlang fahren (motoren), aber der erste Abschnitt von Miami nach Fort Lauderdale weist eine fixe Brücke auf, welche nicht die sonst übliche minimale Durchfahrtshöhe von 65 Fuss aufweist. Das zwingt uns, aussenrum zu fahren und das wollen wir natürlich segeln. Das klappt dann auch sehr gut. Danach geht‘s dann rein in den ICW und da tauchen wir dann in eine ganz neue Welt ein! Gleich nach der Hebebrücke biegen wir praktisch auf eine vielbefahrene Autobahn ein! Es ist Samstagnachmittag, Osterwochenende dazu, was hier aber nicht allzuviel zu bedeuten scheint. Im engen Kanal fahren unzählige Motorboote unterschiedlichster Grössen in allen erdenklichen Geschwindigkeiten herum, dazwischen natürlich laut brummende Jetskis, ohne die es in Florida nicht zu gehen scheint.

Am Wasserrand eine Prachtvilla nach der anderen, meist mit einem grossen Motorboot davor bzw. der Hebeeinrichtung, um sie praktisch zu parkieren (Aussicht ist dann allerdings futsch, zumindest von einem Flügel des Anwesens aus). Da haben wir uns vom Timing her ein schönes Osterei gelegt. Andererseits muss man das schon mal gesehen haben. Höhepunkt ist dann eine etwas grössere Öffnung im Wasser, die wir auch als möglichen Ankerplatz notiert hatten. Hier lagen Hunderte von Motorbooten vor Anker, darumherum Leute im seichten Wasser stehend, mit Drinks in der Hand, Musik im Ohr aus der eigenen Bordmusikanlage vermischt mit der von zig anderen und über allem ein würziger Grillduft. Americans having a good time!

Auf der Suche nach einem Ankerplätzchen liefen wir noch zweimal – kontrolliert – auf Grund. Schliesslich fanden wir den perfekten Spot in Delray. Nur zwei andere eher unbewohnte Segler vor Anker in einer kleinen Öffnung in einer no wake zone. Da wird nicht gerast und somit bleiben durch Wellen erzeugte Schiffsbewegungen, die man sonst nur bei heftigem Segeln hat, aus und die Gläser auf dem Tisch stehen. Umringt wiederum von prächtigen Villen, leicht bewohnt und total ruhig, entscheiden wir uns, den Sonntag Ruhetag sein zu lassen und einen weiteren Tag zu bleiben. Ein Ruhetag wird es allerdings nicht, denn wir wollen dieses ruhige Plätzchen nutzen, um das alte Vorstag durch das neue zu ersetzen. Schon ein paar Stunden Arbeit, die dann durch noch mehr Arbeit ergänzt wurde. Aus der Perspektive des Mannes im Masttopp sah das so aus, dass die Frau unten beim Dichtholen des Genuafalls plötzlich die grosse Winsch, die vom Mast abgebrochen war, in der Hand hielt, etwas nach hinten strauchelte, aufschrie und dann das weisse Deck blutverschmiert war. Die Frau tönte aber ruhig, alles nicht so schlimm. Sie hatte sich an der Fusssohle Haut abgerissen, was schnell verarztet war. Tapfere Skipperin!
Die Winsch war auch wieder schneller am Mast als gedacht. Da waren zu kurze Schrauben verwendet worden (so ein Ei hat uns der Voreigner oder Erbauer schon mal ganz am Anfang im englischen Kanal gelegt, als aus dem selben Grund der Ruderquadrant entzwei fiel!). Mann, Mann, was für ein Pfusch. Immerhin hat er mindestens 20 Jahre gehalten. Trotzdem schwach.
Nun liegen wir zwischen Palm Beach und West Palm Beach. Im Moment gerade etwas auf dem Schiff gefangen, denn der Wind weht so um die 20 Knoten und wir liegen in einem Ankerfeld mit starker Gezeitenströmung. Alle Leute sind an Bord ihrer Schiffe und hoffen, dass ihr Boot nicht auf Wanderschaft geht. So auch wir. Im Gegensatz zu zwei Nachbarn scheinen wir fix zu liegen, aber die unterschiedlichen Schiffstypen bewegen sich alle sehr unterschiedlich. Bis dann Wind und Gezeitenstrom wieder einmal in die gleiche Richtung zeigen. Der Wind sollte ein paar Tage stark bleiben, aber bald aus einer für uns angenehmeren Richtung blasen. Hoffen wir es, sonst wird die Nacht etwas unruhig.
Die Hauptaufgabe morgen wird die Lieferung und dann der Transport der neuen Rettungsinsel vom Land aufs Schiff werden. Auch dafür wünschen wir uns vor allem weniger Welle.

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Klaus Tischhauser

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