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Flaute

Der Wind ist eingeschlafen, die Nachtwache nicht. Es ist 03.30 UTC, 04.30 Bordzeit, 05.30 zu Hause, bzw. dort, wo bis vor etwas mehr als einem Monat unser zu Hause war, und in Spanien ist es 03.30, also UTC. Wir haben zwar schon die spanische Gastlandflagge gehisst, aber die Bordzeit noch nicht umgestellt. Gibt es hierzu eine Regel? Bestimmt. Aber wir kennen sie nicht. Macht nichts. Draussen alles ruhig. Ueber uns der Sternenhimmel. Er bewegt sich rasch hin und her. Wenn man auf dem Ruecken liegt und hinauf schaut, wandert die Mastspitze von Galaxy zu Galaxy und wieder zurueck. Obwohl das Meer kaum vom schwachen Wind bewegt wird, hat es etwas Duenung, welche die September unangenehm hin und her tanzen laesst. Wir fahren unter Motor, mit rund 4.5 Knoten, also etwa so schnell wie langsames Segeln. Wegen der angedrohten starken Suedwestwinde ab heute Mittag wollen wir nicht einfach stehenbleiben. Unter Segeln waere alles stabiler. Jetzt steht zwar noch das Grosssegel, eben zur Stabilisierung. Die Wirkung haelt sich aber in Grenzen. Draussen ist alles ruhig. Keine Fischer, keine Frachter. Noch keine Leuchtfeuer von Land. Nur die Sterne ueber uns. Und auch unter uns ein Sternenmeer. In der Bug- und Heckwelle leuchtet, Gluehwuermchen gleich, das Leuchtplankton. Fuer wenige Augenblicke, manchmal 1-2 Sekunden lang, leuchten sie auf, um kurz darauf wieder im Schwarz des Meeres zu verschwinden. Wir fahren also durch ein Meer von Tieren und ueber uns sitzt ja vielleicht doch auf manch einem fernen Stern einer mit einer Taschenlampe. Es ist angenehm warm und erstmals auch nachts trocken. Schnell hoch, Rundumblick. Nichts. Wir fahren hier uebrigens mit reduzierter Beleuchtung. Unter Segeln auch, um Energie zu sparen. Jetzt unter Motor aber auch nur mit Toplicht, aber ohne Positionslampen. Da diese auf Deckshoehe montiert sind, erschweren sie durch ihren Schein das Erkennen anderer Schiffe. Daher bleiben sie in kaum befahrenen Gegenden aus und werden nur eingeschaltet, wenn wir am Horizont ein Licht ausmachen. Da das Toplicht in rund 20 Metern Hoehe angepracht ist, wird es sowieso von anderen Schiffen als erstes gesehen, relativ lange bevor die viel tiefer liegenden Lichter am Horizont (in der Seglersprache heisst das Kimm) erscheinen. Obwohl man die Erdkruemmung ja selbst auf dem Meer bei spiegelglatter Oberflaeche an der Horizontlinie nicht zu erkennen vermag, versinkt alles, was ein paar wenige Seemeilen entfernt ist, langsam im Meer oder taucht daraus langsam auf. Dafuer gibt es uebrigens Formeln. Mit so einer koennte man z.B. auf Wache ausrechnen, wann das Leuchtfeuer von Cabo Ortegal, bei den aktuellen Sichtbedingungen, erstmals in der Kimm auftauchen sollte. Dazu muss man wissen, wie hoch das Leuchtfeuer steht und wie stark es leuchtet. Aus dem Leuchtfeuerverzeichnis weiss ich das alles, mag es aber doch nicht ausrechnen. Es wird ja sowieso nicht frueher erscheinen. Oder doch? Wenn ich mich verrechne, koennte es sein, dass es frueher auftaucht, als erwartet. Ich machs aber trotzdem nicht. Lieber ein wenig Logbuchschreiben und dann wieder Sterne und Plankton schauen gehen. Mittlerweile ist es nach 04.00 UTC und entsprechenden anderen Zeiten. Die aktuelle Position 44 Grad 23 Minuten Nord und 8 Grad 9,7 Minuten West. Einen offiziellen Positionseintrag gibt es dann spaeter, vielleicht schon vor Anker oder in der Marina von La Coruna. Die September-Crew wuenscht einen guten Start in einen hoffentlich wunderschoenen Tag!

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Klaus Tischhauser
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