PRINT_IRAILA_Logo-other side
Suche
Close this search box.

Im Winter durch die Biskaya segeln

Weil es heute so regnet bringen wir mal ein paar Gedanken zum Segeln im Winter in der Biskay zu Papier.Vielleicht hilft es ja dem einen oder der anderen, die so etwas ins Auge fassen oder nicht so recht wissen, ob sies machen sollen oder nicht.

Die Hauptpunkte bei einer solchen Ueberlegung sind wahrscheinlich: – Wetter (Wind, Welle, Temperaturen)
– Infrastruktur (Marina)
– Stimmung
Oder mit anderen Worten Sicherheit und Komfort.

Die Biskaya ist ja insbesondere wegen des Wetters beruehmt-beruechtigt. Im Sommer ziehen die Westwind bringenden Tiefdruckgebiete weiter oben im Norden durch und sind schwaecher als im Winter. Aber selbst im Sommer fuehren starke Winde, welche durch den Atlantik eine sehr lange Fetch haben, gepaart mit dem flacher werdenden Uferbereich und Reflexionen der Wellen zu gefaehrlichen Seen. Daher ist wohl eine Ueberquerung der Biskaya im Winter schon eine heikle Angelegenheit, da man doch fuer einige Tage ein recht sicheres Wetterfenster haben muesste.
In der Vergangenheit haben wir die Biskaya schon zweimal ueberquert, einmal im Rahmen der Ausbildung mit einem erfahrenen Skipper Ende September und einmal danach mit der September anfangs August. Beide Male uebrigens mit ‚Kampf‘ ums Wetterfenster. Aus diesen Gruenden und weil die Kueste ja auch interessant ist, haben wir die Biskaya nicht ueberquert, sondern sind einfach der gesamten Kueste entlang gefahren. Also von der Bretagne runter Richtung Biaritz und dann der spanischen Nordkueste entlang von San Sebastian nach La Coruna.
Unser Fazit: Wenn man Zeit hat und auf entsprechende Wetterfenster warten kann, dann ist das gut machbar. Die Distanzen zwischen moeglichen Schutz bietenden Haefen sind in aller Regel so, dass sie in einem Tag gut zu segeln sind, zur Not halt auch mit Hilfe des Motors.
Allerdings ist es sehr gut moeglich, dass wir ein ganz besonderes Jahr erwischt haben. Noch im 2016 und dann auch noch frueh im 2017 blies wochenlang Ostwind. Das ist natuerlich fabelhaft, da man so geschuetzt vor Wellen und mit halbem Wind zumindest mal der franzoesischen Kueste entlang segeln kann. Haetten wir nicht die 2 Monate in Brest warten muessen (siehe andere Beitraege dazu), haetten wir auch super Wind an der spanischen Nordkueste gehabt. Uns wurde aber auch gesagt, dass es praktisch permanent von Suedwest stark blasen kann und ein Tief das andere jagt. Dann bleibt man evtl. sehr lange stecken.
Mit diesem Wetter hatten wir also zumindest in der Zeit in Frankreich kaum je Probleme. Die zwei, drei Mal mit starkem Sturm waren frueh erkennbar und so konnte man sich gut einrichten und einen geeigneten Ort suchen. In Spanien und nun auch in Portugal (das ist aber schon nicht mehr Biskaya) haben wir noch die Erfahrungen mit hohen Wellen gemacht. Es lohnt sich, auf die entsprechenden Prognosen zu achten, da sie selbst bei rel. wenig Wind sehr hoch sein koennen, beeinflusst von Wetter anderswo. Wir hatten diese Informationen z.B. in den Grib-Files in der Vergangenheit weniger beachtet. Hier ist es aber schon das Entscheidende. Waren wir dann doch mal in hohen Wellen, waren wir froh um die 20 Tonnen der Seppi. In den UKW-Wettermeldungen wird auf Schwell aber auch immer gut hingewiesen und die entsprechenden nationalen Wetterportale geben darueber auch gut Aufschluss. Allerdings: wir haben relativ oft Wetter gehabt, das doch ueberraschend stark von der Prognose abgewichen ist (in jegliche Richtung). Bei zu hoher See sind uebrigens einige Einfahrten in Haefen geschlossen! Gute Planung lohnt sich also.
Noch ein Wort zur Planung und zu Kartenmaterial: Wir haben elektronische Karten auf MaxSea/TimeZero und einen aktuellen Reeds Nautical Almanach. Zudem noch einen Imray Revierfuehrer ‚South Biscay‘. Allerdings werden wir in Zukunft nur noch mit Reeds (oder in anderen Seegebieten mit Vergleichbarem) und der elektronischen Karte fahren, da bei gutem Hinschauen alle Details auch daraus herausgelesen werden koennen und die Revierfuehrer meist ausser Bildern und Prosas zu den Fakten nicht viel mehr bieten.
Temperaturmaessig ist es so, dass man natuerlich heizen muss. Wir haben meist mit ein oder zwei kleinen Elektroblasern dank Landstrom geheizt. In der Zeit, in der das Thermometer auch mal unter 0 Grad gefallen ist, auch nachts ueber. Sonst hat es gereicht, am Tag zu heizen. Geraete mit Thermostat sind da uebrigens recht hilfreich. Zum Thema Landstrom noch: ganz am Anfang, also noch in Frankreich, hatte es den Anschein (2 x erlebt), als haetten viele Marinas zu schwache Sicherungen an den Stegen. Eine Heizung (1200 Watt) ging noch, doch eine zweit war schon zu viel. Das hat sich aber dann nicht bestaetigt. Im Normalfall konnten wir beide Geraete, plus Heisswasserkocher und Kaffeemuehle (neben dem ’normalen‘ Schiffsverbrauch) gleichzeitig betreiben, ohne dass dann gleich jemand raus musste, um am Steg den Sicherungshebel wieder hochzudruecken.
Wer ankern will, braucht natuerlich dann noch eine andere Heizquelle. Ohne kann es schon sehr kuehl werden. Wir haben eine Oelheizung mit Radiatoren (Heisswasser), was auch das Ankern moeglich machte. Allerdings muss man zum Ankern sagen, dass praktisch die gesamte franzoesische Kueste im Winter schlecht geeignet ist. Selbst Buchten, die auf den ersten Blick geeignet aussehen, entwickeln irgendwann einen starken Schwell. Und da durch die an dieser Kueste sehr hohen Gezeitenunterschiede starke Stroemungen herrschen, dreht sich das Boot alle paar Stunden garantiert quer zur Welle, was das Leben an Bord dann sehr beschwerlich macht. In den spanischen Rias ist das dann deutlich besser, der Gezeitenunterschied ist viel geringer und die Buchten zum Teil wirklich gut geschuetzt. Im Osten aber haben wir immer noch starken Schwell erlebt.
Nochmals zu den Temperaturen: das Meer hier war immer mind. 13 Grad warm. Das hilft schon mal ganz ordentlich. Noch oben in Brest wurde es (allgemein, nicht das Wasser) manchmal etwas kalt, aber je weiter suedlich man kommt umso mehr steigt auch schon das Thermometer. Kaelteperioden, die dann wirklich tiefe Temperaturen bringen, kann es aber zwischendurch immer wieder mal geben.
Nun zur Infrastruktur: das war – vor allem in Frankreich – eine sehr positive Erfahrung. Die Franzosen segeln einfach das ganze Jahr ueber und es ist im Gegensatz zu Spanien ein Breitensport. Ganze Schulklassen oder andere Grossgruppen sind rund ums Wasser herum aktiv. Entsprechend ist in den Marinas ueberraschen viel los und es hat immer Personal. Die Infrastruktur funktioniert und es gibt etwas Leben. Einzig andere Fahrtensegeler wird man nur ganz selten antreffen. All jene, die wir gesehen haben (es waren in der ganzen Zeit wohl 3 oder 4) sind stationaer geblieben und hatten zum Teil schon ein wenig den Koller….
Frankreich ist zudem, auch wieder im Vergleich zu Spanien, guenstiger was das Liegegeld betrifft. Man bekommt oft 3 Naechte fuer den Preis von 2 und die Preise sind generell tiefer als in Spanien. Fuer unsere 46 Fuss zahlten wir in Frankreich so um die 20 EUR, mal etwas drueber, auch mal drunter oder es kostete nichts, waehrend man in Spanien fast das Doppelte hinblaettert, ohne Reduktionen bei laengerem Liegen. Viel Leben gibt es in den Marinas in Spanien auch nicht, vielleicht ein paar Fischer mit grossen Schiffen oder dann die privaten in ihren kleinen Booten. Aber die Aktivitaeten, wie man sie aus Frankreich kennt, sind seltener. Wir haben sie nur in Vigo gesehen.
Fischerverkehr in Spanien ist dann schon staerker als in Frankreich. Zudem sind die spanischen Fischer eher unfreundlich gegenueber Seglern (zumindest unsere eigene Erfahrung)und legen schon recht viel nur schwer sichtbares Zeugs ins Wasser. Der Hammer war eine lange Leine, an der wohl ein Netz hing, das nur alle paar Meter mit normalen, durchsichtigen PET-Flaschen markiert war. Unser Schiff ist zwar drueber gekommen, der Angelhaken aber nicht….
Das etwas schwaechere Abschneiden der Infrastruktur in Spanien wird durch die wieder besseren Ankermoeglichkeiten wettgemacht. Zudem liegen einige der spanischen Marinas wirklich sehr zentral in den schoenen Staedten, was auch nicht schlecht ist.
Schliesslich zur allgemeinen Stimmung: man muss sich schon bewusst sein, dass man die ganze Zeit ueber in einer Gegend unterwegs ist, die auch eine schoene Sommerseite hat. Die deutet sich zwar an, aber sie findet halt nicht statt. Viele Restaurants sind recht wenig besucht, viel Infrastruktur fuer den Sommer noch geschlossen (das gilt nicht fuer die groesseren spanischen Staedte, da scheint immer die Hoelle loszusein!). Das gibt eine ganz besondere Stimmung, die dem einen gefaellt, dem anderen vielleicht nicht. Sicher ist, dass man den ganzen Rummel, den der Sommerbetrieb mit sich bringt, nicht hat und eigentich alles ruhig aussuchen und anschauen kann. Da viele der Staedte und Orte auch ohne Sommertourismus ein Eigenleben haben, ist es nicht so, wie in einem franzoesichen Wintersportort im Sommer. Wir haetten uns sicher etwas mehr Leben gewuenscht und auch mal den einen oder anderen Segler gerne getroffen. Wir haben in den ganzen Monaten 3 andere Segler gesehen (von nah am Steg, so dass man reden konnte) und auch mit allen einen Abend verbracht. Mehr gabs aber nicht.
Was man bei Biskaya im Winter nicht vergessen darf: ist man mal durch, kommt die spanische und portugisische Kueste. Im Normalfall wartet man da ja den ‚Portugisischen Norder‘ ab. Aber der kommt halt erst viel spaeter (Juni oder so, glaube ich). Das heisst, dass die nicht ganz so idealen Wetter- und Windverhaeltnisse anhalten und man halt die entsprechenden Wetterfenster weiterhin evtl. mit viel Geduld abwarten muss. Das blueht aber auch jenen, die irgendwo an der Kueste ueberwintern.
Ob man aus alledem nun ein Fazit ziehen kann? Vielleicht dieses: anstatt von Anfang an fix fuer laengere Zeit an einem Ort zu bleiben, kann man sich vielleicht auf ein paar Huepfer einrichten und hat so etwas Abwechslung. Sollte das Wetter dann doch so sein, wie es vielleicht fuer die Gegend in dieser Jahreszeit normal ist, wie aber nicht erlebt haben, kann man ja immer noch stationaer bleiben. Und vielleicht noch das: wer gerne laengere Schlaege macht, also ueber mehrere Tage und Naechte hinweg segeln will, fuer den ist es wohl schon etwas schwieriger, da die Naechte seeehr lang und kuehl sind und die Wettersicherheit dann abnimmt.
Ein Fazit laesst sich aber sicher ziehen: die gesamte Kueste mit ihren Staedten, Doerfern, Gebirgen und Straenden ist viel zu schoen als dass man sie einfach so im wahrsten Sinne des Wortes links liegen lassen sollte. So, vielleicht helfen diese Gedanken dem eine oder andern bei der Planung.

Picture of Klaus Tischhauser
Klaus Tischhauser

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Letzte Beiträge
Letzte Position

Unser neues Schiff:

Willkommen an Bord der Iraila!