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Wieder Lagos statt Madeira

Sevilla hat uns noch ein paar schöne Tage beschert mit einem Besuch einer Flamenco-Aufführung nur durch Frauen (Gitarre, Gesang, Tanz), dem Besuch des Alcázar und der Kathedrale und einiger anderer Sehenswürdigkeiten.  

Eine wunderbare Stadt, aber schon wahnsinnig voll mit Touristen. 
Nun, unsere Hoffnung auf eine Überfahrt nach Madeira hat sich in Luft bzw. starken Wind aufgelöst. Wir hatten einmal ein Wetterfenster im Auge und ‚bestellten‘ Katis Sohn Karl, der sich für die Überfahrt interessiert gezeigt hatte, nach Sevilla. Zwischendurch hatten wir ihm wieder etwas die Hoffnung nehmen wollen, weil sich das Wetterfenster wieder schloss. Dann öffnete es sich langsam wieder, wir waren guter Dinge. Aber eben nur vorübergehend. Karl liess sich aber so oder so nicht davon abbringen, auf die Iraila zu kommen. Es wurden ihm und uns dann aber dennoch von Iberia ein paar Steine in Form einer Flugannullation in den Weg gelegt. So kam er am Mittwoch statt um 17 Uhr erst um 21.50 in Sevilla an. Um 22 Uhr öffnete die Brücke, die das nur alle zwei Tage macht, kurz. So konnten wir ihn  nicht in Sevilla an Bord nehmen, sondern erst nach der Brücke und der Schleuse am Steg des Dorfes Coria del Rio, es ging mittlerweile gegen Mitternacht. Kaum mit dem Dinghy aufgenommen, fuhren wir noch vor das nächste Dorf, Puebla de Rio und warfen dort den Anker für ein paar wenige Stunden Schlaf – verkürzt um ein Empfangsbier etc. Um 5 Uhr früh war Hochwasser und mit dem wollten wir es an die Mündung des Guadalquivir schaffen, was auch gelang. Unser ursprüngliches Ziel Nord bzw. Nordwest hatten wir schon mal auf Cádiz gewechselt, am nächsten Tag sollte der Wind auch noch günstig sein. Die Fahrt wurde recht sportlich. Einerseits, weil auch unsere Nachbarn aus Sevilla, drei Neapoletaner auf der Wrath II, mit uns segelten und so natürlich eine Regatta entstand, die wir verloren.

Wir kamen nach ihnen im erneuten neuen Ziel Rota an. Zuvor waren wir unserem Ziel entgegengekreuzt bei ziemlich viel Wind und Welle, die uns eben auf Cádiz verzichten liessen.

Rota wird uns wohl aus zwei sehr unterschiedlichen Gründen in Erinnerung bleiben: einerseits bestand der Skipper ziemlich lange darauf, bei 20kn Wind, der uns an den Empfangssteg drückte, durch Eindampfen in die Achterspring wegzukommen, um an unseren zugeteilten Hafenplatz zu wechseln. Die Restcrew mühte sich immer wieder ab, das Schiff vom Steg wegzubekommen und machte sich langsam über die Sturheit des Skippers lustig. Wieso nicht einfach hier liegenbleiben, wenn wir doch morgen früh wieder gehen? Schliesslich obsiegte die Mehrheit bzw. die Physik und wir blieben liegen, wo wir waren. Das zweite Ereignis war die Ausscheidung für die Wahl zu den besten Saeta-Sängerinnen und Sänger von Rota. Das ist eine regionale Gesangsart, die vor allem in der Semana Santa z.T. von Balkonen entlang der Prozessionsstrassen vorgetragen werden, sich aber auch in  Weise in Flamenco-Darbietungen finden. Es ist zu Gesang geformter unendlicher Schmerz und sehr viel Leid. Nun, wir wussten das noch gar nicht, wir sahen nur Leute in der schön beleuchteten Burganlage verschwinden und erkundigten uns, was vor sich ginge. Als wir hörten, dass besagte Auswahl um 21.00 beginnen würde, gingen wir auch rein. Wir waren die einzigen Touristen. Im Saal des Gemeinderates – so schien es – traten nun eine Sängerin und vier Sänger auf, die uns ordentlich überraschten. Sie standen einfach vor einem Mikrophon, begleitet von einem Trommler, der nur ganz langsam den Takt vorgab. Was für ein Ausdruck von Emotionen! An besonders dramatischen Stellen ertönte dann vom Publikum ein Olé oder andere spezielle Zwischenrufe, wir schienen unter Kennern zu sein. Am nächsten Abend würde die nächste Ausscheidung und am darauffolgenden Tag das Finale stattfinden. Den Erstplatzierten winkten Preise von EUR 2‘300 für den Sieger bis zu einigen Hundert Euro!

Am nächsten Morgen legten wir bei weniger Wind aus anderer Richtung problemlos ab. Allerdings nicht nach einer Crewdiskussion, bei der es darum ging, ob wir bei z.T. sehr starkem angesagtem Wind (bei PredictWind und Windy) überhaupt auslaufen sollten. Wir taten es dann, nachdem wir noch einen lokalen Wetterbericht eingeholt hatten und hatten anfangs keinen Wind, weshalb wir die zwei Reffs vom Vortag gleich locker ausschüttelten. Kurz darauf befanden wir uns wieder im dritten Reff und unter etwas eingerollter Fock! Später, mit Kurs Nord, legte sich der Wind dann so, dass wir dauernd zwischen Segeln und Motoren abwechselten, aber mehrheitlich segelten. Die Nacht verbrachten wir vor Anker in Mazagón, ohne das Schiff zu verlassen, der nächste Tag brachte fast nur Motoren mit sich ohne Wind. Dennoch setzten wir erstmals seit Sevilla den Code Zero, was auch – bei etwas Wind – gut klappte. Was weniger gut klappte und in einer Tragödie endete, war das Fischen. Wir warfen die Angel aus mit dem gelben Gummiköder. Der brachte nichts. Der Wechsel auf einen anderen Köder brachte innerhalb von eine Minute einen Fisch am Köder, den wir allerdings wieder verloren. Kurze Zeit späte wieder ein Sirren an der Rute, aber diesmal hing ein Vogel am Haken! Ein Blautölpel hatte wohl aus grosser Höhe den unter Wasser gezogenen Köder gesehen und war wie üblich wie ein Pfeil runtergeschossen. Leider halt, um sich so sein Todesurteil zu holen. Er verhedderte sich nämlich so, dass er nicht nur am Haken hing, sondern sich mit der Angelleine auch noch selber behinderte. Wir diskutierten, ob er zu retten sei, fanden aber keine Lösung. Uns blieb nur, die Leine zu kappen und uns schlecht zu fühlen. Gefischt wurde nicht mehr.

Das Ziel Ayamonte lag im Rio Guadiana, dem Grenzfluss zwischen Spanien und Portugal. Noch in der Flusseinfahrt, die uns mit über 2kn Gegenstrom begrüsste, riefen wir in einem Restaurant an, welches die Skipperin mittels moderner Technologie ausfindig gemacht hatte. Da fand auch gleich eine Tablao de Flamenco statt. Und so reservierten wir gleich drei Plätze für Flamenco und einen Tisch zum anschliessenden Essen. Doch zuvor mussten wir uns noch vor dem Ort im Fluss ein Ankerplätzchen suchen, das Dinghy fahrtüchtig machen und an einer zerfallenen, sehr glitschigen und schlammigen Industrierampe an Land gehen.

Wir schafften das unfallfrei und kamen gerade rechtzeitig zur Vorstellung in einem wunderbaren, kleinen und anscheinend fast historischen Innenhof an. Unzählige Kerzen gaben dem ganzen eine sehr stimmige Atmosphäre. Zu unsrem Erstaunen schien der Anlass ausgebucht. Die Leute kamen schön gekleidet, auch ein paar wenige Touristen waren dabei. Was uns dann von einem Sänger einer Tänzerin, einem Gitarristen und einem Saxophonisten dargeboten wurde, haute uns um. Es wurde anlässlich der nahenden Semana Santa ein Mix aus Saeta und Flamenco angekündigt, etwas religiöser als sonst. Was die vier und an Energie, Kraft, Leidenschaft und Emotionen darboten, war umwerfend. Die anderen Anwesenden – auch wieder viele Kenner mit Olé und anderen Rufen – dankten am Schluss auch mit einer Standing Ovation. Wow! Wie schon zwei Tage zuvor wieder fast zufällig in etwas sehr beeindruckendes reingelaufen.

Trotz dieser Emotionen und einige Gläsern Wein, schafften wir auch den Rückweg in die Flussmitte. Wieder wartete nur eine kurze Nacht auf uns. Wieder ein Fluss mit Gezeiten, der uns zu früh aus den Federn holte.

Heute nun der grosse Tag des Oxley-Leichtwindsegels. Schon lange nicht mehr eingesetzt, versprachen heute die Bedingungen ideal zu werden. Anfänglich war es der Code Zero, der uns gut zog, dann tatsächlich der Oxley. Mittlerweile hat aber Regen eingesetzt und der Wind ist wieder zusammengebrochen, also muss der Motor wieder ran.

A propos Regen: wir wären um ein paar heftige Tropfen ganz froh. Schon seit Tagen sehen wir den Himmel nicht, obwohl das Wetter schön sein sollte. Wir sind von rotem Staub umgeben, der wohl von der Sahara rübergeweht wird. Und so sieht das Schiff katastrophal aus.

Leider werden uns nur wenige Tropfen gegönnt, so dass alles noch schlimmer wird. Nun gut, in zwei Stunden sollten wir wieder in Lagos sein, dem westlichsten Punkt. Von hier aus können wir mit den westlichen Winden der nächsten Tage eventuell wieder nach Osten zurücksegeln. Aber morgen ist wohl eher ein segelfreier Tag mit Schiffsreinigung angesagt.

Und die Überfahrt nach Madeira? Die ist wohl vorerst gestrichen, die Prognosen stehen nicht gut für eine einigermassen angenehme Segelei. Wir haben zwar Zeit, aber schade ist es schon, vor allem auch für Karl, dem wir gerne eine erste etwas längere Überfahrt hätten bieten wollen. Aber so ist das mit dem Segeln, der Chef ist das Wetter.

 

 

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Klaus Tischhauser

2 Antworten

  1. Ihr lieben Abenteurer,
    wenn auch keine grössere Segeltour, die Tage waren ja auch fuer Karl abwechslungs- und sehr erlebnisreich. Immer wieder erlebt Ihr Überraschungen und tolle Events, die in Erinnerung bleiben werden.

  2. Hallo Ihr Zwei –
    Wir haben die “Verfolgung” von Euch und IRAILa wieder aufgenommen und lassen uns die spannenden Artikel jeweils zu Gemüte führen. Auch wenn es mit dem Wetter nicht vollumfänglich nach Euren Vorstellungen läuft so hoffen wir, dass die Ostereier dennoch hübsch rausgekommen sind. Frohe Ostern auf dem Schiff und Grüsse aus Thunstetten.
    Urs und Christoph

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